Wortangebot

Die hörbare Sprache der Bezugspersonen im sozialen Umfeld stellt von Anfang an das „Rohmaterial“ für den Spracherwerb dar. Daher benötigen Kinder vor allem in ihrem familiären Umfeld sprachmodellierende Personen, die ihnen einen vielfältigen Input bieten, aus dem sich das Kind Regeln für den Aufbau und die Verwendung von Sprache erschließen kann. Dabei spielen das alltägliche Dialogverhalten und die Praxis des Lesens und Vorlesens in der Familie eine besondere Rolle, sogar schon in den frühen Entwicklungsphasen. Die Häufigkeit (Quantität) und die Art der sprachlichen Strukturen (Qualität) sind dabei von entscheidender Bedeutung. Einige Forschungsergebnisse, unter anderem von Huttenlocher (2010) und Rowe (2012), legen nahe, dass insbesondere folgende Qualitäten des Inputs für den Aufbau des kindlichen Wortschatzes entscheidend sind:

Schon im Vorschulalter lassen sich Entwicklungstendenzen erkennen, die mithilfe der Begriffe „Basissprache“ und „Bildungssprache“ beschrieben werden können.

 

Im Bereich der Verben können durch die Hinzufügung von zusätzlichen Wortbildungselementen wie Präfixen (vorangestellte Bestandteile oder eigenständige Wörter) neue Varianten in der Bedeutung entstehen. Diese Präfixe sind das Hauptmittel zur Erweiterung des Verb-Wortschatzes und werden als Ableitungen bezeichnet.

 

Die Unterscheidung zwischen „Basissprache“ und „Bildungssprache“ stammt ursprünglich aus der Forschung zum Zweitspracherwerb (Cummins, 2008), gewinnt jedoch zunehmend auch in allgemeinen sprachpädagogischen Kontexten an Bedeutung (Morek und Heller, 2012). Dieses Begriffspaar verdeutlicht die Unterschiede zwischen der alltäglichen Umgangssprache und der formalen, akademischen Sprache, die für Lernen und Bildung relevant ist.

Abb.: Beispiele für Basissprache und Bildungssprache

Beispieldialog für das spontane Aufgreifen eines neuen Wortes (Verb), das die Bezugsperson vorher angeboten und erklärt hat:

ALTER: 1;10

SITUATION: Das Kind wickelt die Ziehschnur vom Rad der Spielzeugente ab und sagt:

KIND: Wieder hakt, wieder hakt.

ERWACHSENER: Hakt schon wieder, ja?

KIND: Hm.

ERWACHSENER: Na sowas!

 

Unmittelbar vor diesem Dialog bot die Mutter in dem von ihr eingeleiteten Dialog das Verb auf Ableitungsbasis „verhaken“ an. Sie wies auf das um das Rad der Ente gewickelte Band und sagte:

ERWACHSENER: Guck mal, hat sich doch verhakt!

KIND: Ja.

ERWACHSENER: Hm…so. [macht das Rad wieder drehbar]

KIND: Ich hak‘, wieder hak.

ERWACHSENER: Verhakt, da hat sich das Band um das Rad gewickelt, aber jetzt ist alles wieder in Ordnung.