Die implizierte Sprachdidaktik

„In Historien und Behaltung geschehener Dinge sollen sie auch geübet werden, sobald sich ihnen die Zunge anfängt aufzutun, und zwar mit kleinen kindischen Fragen: Wer hat dir das gegeben? Wo warst du gestern, vorgestern?…“
J. A. Komensky um 1630, Informatorium der Mutterschul

Der Begriff „Implizite elterliche Sprachdidaktik“ bezieht sich auf die dialogbezogenen Verhaltensweisen der Eltern während der kommunikativen Interaktion mit ihren Kindern in der Hauptphase des frühen Mutterspracherwerbs (1;0-3;6). Dies betrifft insbesondere die Methoden, die Eltern nutzen, um Welt- und Sprachwissen zu vermitteln.

Für die Beschreibung der frühesten kommunikativen Verhaltensweisen der Eltern bei ihren Säuglingen wird in der Literatur der Begriff „Feinabstimmung“ (fine tuning) verwendet.

Der Grundgedanke der „Gerüstbau-Theorie“ (Scaffolding-Activities): Ein Gerüst (in Analogie zu einem Baugerüst bei einem Hausbau) wird als ein vorübergehendes Mittel genutzt, um während der Zeit des Bauens den Fortlauf des Aufbaus zu sichern.

Die sprachgebende Person hilft aus der Kenntnis

heraus, um ein umfangreiches kommunikatives Ausdrucks- und Formulierungspotenzial aufzubauen oder umfassender, die sprachlich-kommunikative Kompetenz zu entwickeln. Dies geschieht, indem

Die Methode zur Unterstützung des Spracherwerbs ist auf allen Ebenen der Sprachstruktur erkennbar. Die folgende Tabelle bietet eine kompakte Darstellung der Übermittlung von sprachlichem und sachlichem Wissen im Dialog.

  Alter

Initiative kindliche Äußerung

  Reaktive Äußerung des Elternteils

     Beschreibung

1;0

Da!

Da ist ein Schmetterling

Einführung neuer Objekte durch Benennung, um lexikalisches Grundwissen zu vermitteln.

1;6

 

Due!

 

Ja, viele Kühe

 

Bestätigung kindlicher Identifikation und Vormodellierung der Plural-Markierung mittels Zahladjektiv, implizite phonetische Korrekturkomponente.

2;0

 

Da Edern ab (Federn)

 

Ja, da sind die Federn vom Hahn ab, weil er nicht aufgepasst hat

Bestätigung kindlicher Ereignisinterpretation, Vermittlung von Beziehungswissen (Ursachenangabe), implizite phonetische Korrekturkomponente.

2;1

 

Das put

 

Das is kaputtgegangen gestern, ja

 

Bestätigung der Zustandsinterpretation, Vermittlung von zeitlicher Einordnung mit Temporaladverb, implizite phonetische Korrekturkomponente.

2;3

Ich bin auf’n Pferdchen gereit

Geritten, reiten, geritten

Implizite grammatikalische Korrektur (Verbveränderung im Vergangenheitsbezug).

2;5

 

Das put-de-dang

 

Ja das passiert manchmal

 

Bestätigung der Zustandsinterpretation, Vermittlung übergeordneter Ereignisbedeutung (passieren) mit zeitlicher Einordnung (manchmal).

3;1

 

 

Wo is außerhalb von Hamburg?

 

 

Da, wo die Stadt aufhört, sind plötzlich keine Häuser mehr, da kommen kleine Dörfer oder Felder

Erklärung der Bedeutung eines Lokaladverbs, Vermittlung von Umgebungswissen.

 

 

3;3

 

Ich, ich reite nach Amerika

 

Du reitest über’s Meer?

 

Bestätigung der (Spiel-)Handlung und Vermittlung von „geographischem Grundwissen“ (implizite) Frage nach tatsächlicher Durchführbarkeit der Handlung.

"Didaktische Prinzipien" der frühen impliziten elterlichen Sprachförderung